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Long Covid - Eine kritische Bestandsaufnahme

Long Covid - eine kritische Bestandsaufnahme


Obwohl SARS-CoV 2 erst vor weniger als zwei Jahren erstmalig identifiziert wurde, werden in der Datenbank National Library of Medicine bereits mehr als 120.000 wissenschaftliche Publikationen dazu aufgelistet.

Ein Problem vieler dieser Studien über psychische Folgen von COVID ist, dass diese lediglich das subjektive Empfinden der Patienten abbilden, ohne dass eine psychologische Objektivierung durchgeführt wurde. Auch wurde nur selten versucht, Auswirkungen der Erkrankung SARS-CoV selber von den staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu unterscheiden. Weiters sind Interessenskonflikte bei vielen Wissenschaftlern, die von staatlichen Förderungen abhängig sind oder von öffentlichen Mitteln bezahlt werden, evident. Die meisten Studienergebnisse stammen aus Einzelfalluntersuchungen, Beobachtungsstudien und Umfragen. Eine repräsentative Stichprobenerhebung fand nur selten statt. Bei Untersuchungen der psychischen Auswirkungen von Long Covid wurde fast immer auf eine psychologische (psychometrische) Diagnostik oder eine psychiatrische Abklärung verzichtet. Aus diesem Grund bilden die meisten Studien über psychische Folgen von Covid (Long Covid) hauptsächlich das subjektive Empfinden der Teilnehmer ab. Auch die Vorab-Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Artikeln stellen ein Problem dar. Hierbei werden aktuelle Forschungsergebnisse ohne - den sonst State of the Art entsprechenden Reviewprozess durch andere Wissenschaftler abzuwarten - publiziert. Wegen der hohen Dringlichkeit und Bedeutung der Pandemie scheinen hier, sonst übliche und gut etablierte Standards außer Kraft gesetzt. Dies führt - im Extremfall - dazu, dass bereits bekannt gegebene Ergebnisse wieder revidiert werden müssen, was weitere Unsicherheit in der Öffentlichkeit schürt. 

SARS-CoV 2 ist nicht neurotrop, d.h. es kommt zu keiner direkten Infektion des Gehirns. Keine der durchgeführten postmortem Untersuchungen hat Hinweise auf eine Infektion des Gehirns ergeben. Auch in klinischen Studien konnte keine Enzephalitis nachgewiesen werden.

2020 wurde bei 13,5% der hospitalisierten Patienten (New York N>4000) neurologische Komplikationen nachgewiesen. Beim Großteil davon handelte es sich um unspezifische Enzephalopathien, während es bei nur 2% der Patienten, meist in der Akutphase, zu einem Schlaganfall kam. Bei keinem Teilnehmer der Studie wurde die Diagnose einer Meningitis oder einer Enzephalitis gestellt.Das erhöhte Schlaganfallrisiko ist in Zusammenhang mit dem höheren Lebensalter der Studienteilnehmer zu sehen. Bei leichten COVID Erkrankungen stellt der Schlaganfall eine sehr seltene Komplikation dar. Auch eine spezifische psychiatrische Komplikation während der Akutphase der Erkrankung wurde nicht beschrieben. 

Was versteht man nun unter dem Begriff „Long Covid“? 

Unter Long Covid versteht man Symptome, die länger als vier Wochen nach der akuten Infektion weiter andauern. Ein postvirales Fatigue Syndrom ist ein häufiges Phänomen nach einer akuten Infektion durch verschiedene Erreger. Symptome stellen Energieverlust, Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen dar. Dazu können auch noch Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen auftreten. Psychische Reaktionen nach einer intensivmedizinischen Behandlung sind keine Neuigkeit und die Inzidenz einer Posttraumatischen Belastungsstörung nach intensive Care wird auf etwa 30% geschätzt. Aufgrund mangelnder Objektivierungen in aktuellen Studien ist Long Covid in erster Linie durch das subjektive Erleben der Betroffenen definiert. Long Covid ist die erste medizinische Diagnose, die von Selbsthilfegruppen auf Twitter kreiert wurde. Es handelt sich um einen - aus medizinischer Sicht - wenig sinnvollen Begriff, weil heterogene Beschwerden und Befunde mit einer einzigen Diagnose bezeichnet werden, für die es bislang keine klaren diagnostischen Kriterien gibt. 

Von einem Kollektiv hospitalisierter Patienten in Wuhan berichtet die Mehrheit der Untersuchten sechs Monate nach Erkrankung über Müdigkeit, Muskelschwäche, Schlafstörungen, Angst oder Depression. Ein Jahr nach Krankheitsbeginn kommt es allgemein zu einer Besserung. 25% litten weiter unter Symptomen, mehrheitlich unter Depression und Angst. Auch andere internationale Studien konnten diese Ergebnisse bestätigen. So zeigten Untersuchungen in Kalifornien, dass eine COVID Erkrankung in 18% der Fälle von Depression gefolgt wird.

Die häufigste Beschwerde bei Long Covid stellt Müdigkeit dar, gefolgt von Atemnot, Muskelschmerzen, Husten, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Brustschmerzen, Störungen des Geruchssinns, Durchfall, Störungen des Geschmackssinns. Risikofaktoren für Long Covid stellen weibliches Geschlecht, Übergewicht, mittleres Lebensalter und eine frühere psychische Erkrankung.

Da Betroffene häufig kognitive Einschränkungen beschreiben wurde in - bisher sehr wenigen - Studien versucht diese Symptome mittels neuropsychologischer Testverfahren zu objektivieren. In einer größeren Studie (N=740) wurden zum Teil deutliche kognitive Einschränkungen im Bereich der exekutiven Funktionen nachgewiesen.