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Art Brut - Kunst bei psychisch Kranken, der Psychologe als Mäzen

Der deutsche Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn begründete in den 1920er Jahren eine einzigartige Sammlung. Er wandte sich dafür an die Leiter psychiatrischer Einrichtungen und bat darum, ihm Werke ihrer Patienten zu schicken. Bald bekam er mehr als 5000 Exponate. Heute ist die Sammlung Prinzhorn auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg untergebracht. Man findet künstlerische Begabung bei psychisch Kranken nicht häufiger als bei Gesunden, aber die Ausnahmezustände der Kranken regen oftmals schlafende Begabungen an.

Das sieht man den Exponaten der Sammlung an. Ohne eine klassische Ausbildung, aber mit großem Drang, bewegen sich die Künstler außerhalb gängiger Regeln. Viele von ihnen versuchten, einen Beleg für Dinge zu schaffen, die nur sie sahen, wie zum Beispiel eine göttliche Vision in den Schweißflecken einer Schuheinlegesohle. So entstanden magische Werke, die einen verzerrten Blick auf die Gesellschaft boten. 

Ende der 1940er Jahre gründete Jean Dubuffet die „Compagnie de l’Art Brut“. Er sammelte Kunst aus psychiatrischen Einrichtungen in ganz Europa. Diese „Art Brut“, im englischen Sprachraum als „Outsider-Art“ bezeichnet, trifft die Gesellschaft von außen und macht es ihr möglich, sich selbst zu reflektieren.

 

Die Kunst psychisch Kranker wurde auch von Psychologen und Ärzten diagnostisch und therapeutisch genutzt. Es entstand die Kunsttherapie, die heute kaum noch aus psychiatrischen Anstalten wegzudenken ist. Sie soll den Patienten in erster Linie helfen, sich auszudrücken. Einerseits kann das dem Behandler helfen, den Kranken besser zu verstehen. Andererseits hilft es dem Patienten, die eigene Krankheit zu bewältigen und Selbst- und Fremdwahrnehmung zu verbessern.

 

Die Kunst psychisch Kranker ist inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die psychisch Kranken selber fristen allerdings noch ein Schattendasein am Rande der Gesellschaft.